Leider müssen das Ursprungsbuch und alle anderen Schriftstücke des JGV bis Ende des 2. Weltkrieges für uns als verloren gelten. Aus diesem Grunde stützt sich dieser Artikel auf alte Festschriften (1933, 1958, 1973) und überlieferte Gedanken, die durch eine Fragebogen- aktion bei älteren Leubsdorfer Mitbürgern zusammengetragen wurden.
Der Ursprung des Vereins ist unklar; eine Art Bürgerwehr nach dem 30-jährigen Krieg oder Schutz der sakramentalen Prozessionen ist nicht von der Hand zu weisen.
Der erste Kirmesaufzug fand am 01. Mai 1733 statt. Das mutet heute etwas seltsam an, da doch jener 01. Mai ein Dienstag war. Einen Maifeiertag gab es noch nicht und der Kirmessonntag (der erste Sonntag im Mai) war erst fünf Tage später. Merkwürdig? Das ist eine jener Lücken, die wir heute leider nicht mehr zu schließen vermögen.
Seit 1752 wurden die Mitglieder namentlich eingetragen und heute liegt deren Zahl insgesamt bei ca. 1500.
Ende des 18. Jahrhunderts bis Anfang des 19. Jahrhunderts geriet man mitten in die Wirren der Napoleonzeit. Der Mitgliederbestand ging stark zurück und der Verein stand kurz vor der Auflösung. Ein gebliebenes Zeichen dieser Zeit sind die Hüte der beiden Offiziere und der Fähnriche, die „Bonnebats-Hüte“ (v. Napoleon Bonaparte).
Um den Verein wieder zu festigen beschloss man am 01. Mai 1833 ein Vereinsstatut, das neben allgemeinen Regeln 16 Paragraphen und 22 Anweisungen über Rechte und Pflichten der führenden Offiziere des Vereins enthält. In diesem (heute nicht mehr auffindbarem) Statut wurden allgemeine Verhaltensregeln festgelegt und die Organisation des Vereins straff geregelt, was den Verein aus der vorhergegangenen Krise herausführte. Die einzige Textstelle, die uns bis heute überliefert ist, zeugt von einem tiefen religiösen Geist:
Die älteste aufgefundene Urkunde, in der, der Junggesellenverein erwähnt wird, ist eine Aufzeichnung des ehemaligen Lehrers Heinrich Pertzborn vom 14.08.1855. Er schreibt in einer Art Tagebuch:
„Nachträglich bemerke ich, dass am 14.08.1855 die Firmung von Linz vom Herrn Bischof Braun aus Trier gespendet wurde und derselbe am 15. d.M. die hiesige Kirche besuchte. Es ist hier ein Zwist zwischen dem Sendschöffen Hömig und den Junggesellen wegen den Fahnen ausgebrochen, worin der Herr Pastor mit als beteiligt betrachtet wird. Infolge dessen wurden die Fahnen und auch der Traghimmel nicht von den Junggesellen beim Empfang des Bischofs getragen.“
Im Laufe der Zeit (Stand 1983) wurden 12 Trage- und 5 große Schwenkfahnen Eigentum des Vereins. Seit 1948 besitzt der Verein auch kleine Schwenkfahnen, mit denen heute um höchste Punktzahlen und Preise geschwenkt wird.
Der KJGV stiftete aus Mitgliedsbeiträgen zwei Leuchten für den Josefsaltar. Der Altar selbst wurde nicht (wie oft angenommen) vom Verein gestiftet. 1906 beim Bau der neuen Kirche stiftete der KJGV ein Chorfenster. Der sakramentale Himmel ist Eigentum der Junggesellen, dessen Vorstand die Ehre hat, ihn an Kirmes sowie der Frohnleichnamsprozession tragen zu dürfen.
Der Vereinsvorstand bestand früher nur aus 3 Personen (Hauptmann, Leutnant und Schriftführer, der die Aufgaben des Kassierers übernahm). Für den Himmel zu tragen, waren das zu wenig, also wurde der „4. Himmelsstab“ auf der Generalversammlung versteigert. Mit der Zeit entwickelte es sich so, dass der Träger des 4. Himmelsstab die Aufgaben des Vereinskassierers übernahm.
Ein neuer Himmel musste angefertigt werden, nachdem der alte von 4 betrunkenen Vorstandsmitgliedern in einen Weinberg geworfen wurde, weil sich der Pastor weigerte darunter zu laufen. Er wurde zwar einmal neu überzogen, hielt aber fast 80 Jahre. 1982 wurde vom KJGV ein neuer Himmel gestiftet, der nur von Leubsdorfer Handwerkern nach dem Vorbild des alten in Form und Maßen nachgebaut wurde.
Einen ersten Einschnitt im Vereinsleben des 20. Jahrhunderts brachte der 1. Weltkrieg. 16 Mitglieder des Junggesellenvereins fielen diesem Krieg zum Opfer. Doch auch diesen Eingriff von außen überlebte der Verein. Anfang der 1930er Jahre hatte er wieder 60 Mitglieder.
Noch heute gilt der Gründergedanke, der in der Festschrift von 1933 zum 200-jährigen Stiftungsfest so zusammengefasst wurde:
„Sittlichkeit, Freundschaft und Geselligkeit zu fördern, den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen nach zu leben, Liebe und Anhänglichkeit an den Staat und die Obrigkeit zu beweisen, durch geschlossene Teilnahme an einzelnen Festgottesdiensten und Prozessionen zur Ehre Gottes, zur Verherrlichung des Gottesdienstes beizutragen sowie durch Veranstaltung von Festaufzügen und Fähndelschwenken das Kirchweihfest verschönern zu helfen.“
Kurz nach der Machtübernahme der Nazis kam der zweite große Einschnitt für den Junggesellenverein. Es ist die bisher wohl schwerste Zeit gewesen, denn die politischen- und später die militärischen Ereignisse gingen natürlich nicht spurlos an ihm vorbei. Zunächst wurde an allen Fahnen ein Hakenkreuzwimpel angebracht, der vorschriftsmäßig mit dem Hitlergruß gegrüßt werden musste.
Ein Junggeselle bekam große Schwierigkeiten mit der Obrigkeit. Als Kadett riss er (absichtlich oder nicht) den Hakenkreuzwimpel von der Fahne, als man sich am 27.05.1937 vor der Kirche zur Fronleichnamsprozession aufstellte. Er wurde angezeigt und wegen „unehrenhaften Verhalten“ ins Gefängnis geworfen. Der Bürgermeister setzte sich für ihn ein, und er bekam von den Junggesellen und der Leubsdorfer Bevölkerung fast 400 Karten zum Namenstag.
In den 1940er Jahren mussten alle Fahnenspitzen abgegeben werden, damit daraus Patronenhülsen gefertigt werden konnten.
1937 wurden alle katholischen Vereine in Deutschland aufgelöst und die Kassenbestände dem Reich zugeführt. Der Junggesellenverein gehörte nicht dazu, denn in den Statuten fand sich kein Vermerk, dass nur Katholiken aufgenommen werden durften.
Damals wie heute hieß es:
„Jeder Leubsdorfer Bürgerssohn kann in dem Jahr, in dem er 18 Jahre alt wird, dem Verein beitreten“.
Obwohl er dem Namen nach ein katholischer Verein war, durfte er weiter bestehen. Doch dieses Weiterbestehen war mehr als gefährdet, denn zu Beginn des 2. Weltkrieges wurden fast alle Junggesellen eingezogen. Bis auf wenige Ausnahmen ruhten alle Vereinsaktivitäten. Hauptsächlich Adam Hauschild führte den Verein, oder das, was davon noch übrig war, bis zum Ende des Krieges. Während des Krieges fielen 42 Mitglieder des Vereins den sinnlosen Tod für „Führer, Volk und Vaterland“. Diese 42 und die 16 Gefallenen oder Vermissten aus dem ersten Weltkrieg werden uns immer eine Mahnung bleiben. Der Verein war bis auf wenige Ausnahmen mitgliederlos. So wurde während des Krieges das Mindestaufnahmealter auf 16 Jahre zurückgestuft, damit den gefallenen Junggesellen wenigstens ein Totenamt mit den Fahnen des Vereins gelesen werden konnte.
Doch auch diese Krise wurde überstanden und überwunden. Schon 1946 fand wieder ein Kirmesumzug statt. In unserer Gegend war das der erste öffentliche Aufzug nach dem Krieg. Das haben wir dem Umstand zu verdanken, dass die Offiziere und Fähnriche mit „Bonnebats- Hüten“ ausgerüstet waren, denn aus diesem Grund war die französische Besatzungsmacht, die hier die politische und militärische Verwaltung innehatte, dem KJGV gegenüber humaner eingestellt als anderen Vereinen.
Die erste Tanzveranstaltung nach dem Krieg fand im Saal des Winzervereins statt. Man hörte Schallplattenmusik und es konnte jeweils nur der halbe Saal tanzen, weil der Rest mit Flüchtlingsmöbeln vollgestellt war. Schusswaffen waren zu dieser Zeit noch verboten, so dass der Schützenkönig am Stiftungsfest 1946 durch Steinwürfe auf Flaschen ermittelt wurde und ein Jahr später an Kirmes durch ein Armbrustschießen. Bis 1949 waren viele der Kriegsgefangenen heimgekehrt, so dass in alter Umgebung wieder richtig gefeiert werden konnte.
Das ganze Jahr über wurde wieder an jedem 1. Sonntag im Monat Schlag 13 Uhr Feldhausen gehalten. Fastnachtmontag war Generalversammlung. Die gewählten und ersteigerten Ämter traten auf Weißen Sonntag in Kraft, an diesem Tage wurde auch das Vereinslokal gewechselt.
Eine Woche nach Kirmes war Nachkirmes (Tanzveranstaltung). Jeder 2. Sonntag im Juli war Stiftungsfest, bei dem ein eigener Schützenkönig ermittelt wurde. An den vorgenannten Terminen wurde einiges geändert, weil man sich der Zeit anpassen musste und nicht alles beizuhalten war. Nachkirmes und Stiftungsfest gibt es in dieser Form nicht mehr. Die Feldhausen finden nicht mehr regelmäßig statt, sondern nur, wenn etwas Besonderes anliegt, dann aber auch samstags abends. Stiftungsfeste wurden 1933, 1958, 1973 und danach in einem Abstand von 5 Jahren gefeiert. Man lud dazu Brudervereine ein, die zusammen einen Festzug gestalten und durch Preisfähndelschwenken den besten Fähnrich nach Punkten ermittelten. Die Statuten wurden 1980 überarbeitet und der heutigen Zeit angepasst mit dem Vorsatz, an überliefertem Gedankengut festzuhalten.
1979 beschloss man nach langen Beratungen die Kirmes wie folgt durchzuführen:
Vor 1966 gab es nicht regelmäßig Ehrendamen, sondern nur dann, wenn eine neue Fahne geweiht wurde. Auch das hat sich seit 1966 geändert. Seitdem gehören die Ehrendamen, wie bei allen Vereinen in der Umgebung, zu den Festumzügen des KJGV und runden das Gesamte Erscheinungsbild des Vereins positiv ab.
Ein alter Brauch hat sich über die ganze Vereinsgeschichte hinweg nahezu unverändert erhalten. Die Sitte des Heulbierholens. Früher wurde das bei jedem Leubsdorfer Mädchen gemacht, seit der Statutenüberarbeitung 1980 nur noch bei den Mädchen, die auch vorher als Ehrendamen mitgewirkt haben. An einem Sonntag vor der Hochzeit kommen Hauptmann und Leutnant zu dem Mädchen und bieten ihm ein Myrthensträußchen an. Wird dieses Sträußchen angenommen, sind die beiden automatisch mit dem Lambertusstab zur Hochzeit eingeladen; sie bekommen nach dem Aufsagen eines alten Spruches einen Ehrenplatz gegenüber dem Brautpaar.
Dieses Gedicht wird abwechselnd von Hauptmann und Leutnant vorgetragen:
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Den Schluss dieses Artikels ziert ein Zitat, das der Festschrift von 1933 entnommen wurde und heute noch genauso gültig ist:
„So hat der Verein alte Sitte und gute Gebräuche trotz mancher Hindernisse während zweier Jahrhunderte in Treue gehütet, bewahrt und gepflegt. Möge der Junggesellenverein Leubsdorf, dessen Bestreben es ist, das Gute und Schöne nach der Väter Weise zu erhalten, auch fernerhin in Treue und Einigkeit zusammenstehen zur Pflege der Geselligkeit und der Freundschaft, zur Verschönerung der kirchlichen und weltlichen Feste unserer trauten rheinischen Heimat“.
Quelle: Festschrift zum 250 jährigen Bestehen des Kath. Junggesellenvereins Leubsdorf/Rhein
Im Jahr 2010 beschloss der Verein eine weitere Änderung am Ablauf der Kirmes.
Freitag
Samstag
Sonntag
Montag
An Stiftungsfesten wird der Ablauf der Kirmes meistens angepasst, da der Samstag für den Besuch der Brudervereine mit Preisfähndelschwenken und einem großen Umzug durchs Dorf freigehalten wird.
von 1983 (Verfasser: Wolfgang Blumenthal und digitalisiert von Eberhard Krebs)
Als weiteres Historisches Ereignis, könnte man die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Junggesellenverein betrachten. Seit dem Ausbruch des 2. Weltkrieges gab es bisher nie wieder ein Ereignis, welches das Tun des Vereins in vergleichbarer Weise beeinträchtigt hat. Der Vorstand der Jahre 2020 und 2021 war durch offizielle Restriktionen, was Versammlungen und Veranstaltungen betrifft, gezwungen, die 287. und die 288. St. Walburgis Kirmes abzusagen. Auch innerhalb des Vereins wurde es in diesen Jahren so ruhig wie nie.
Die einzige vereinsinterne Veranstaltung 2020 war das Feldhausen im Freien, welches durch zwischenzeitliches Abflachen der Infektionslage in Deutschland und Rheinland-Pfalz unter Hygieneauflagen möglich war. Um den Kirmesgedanken jedoch nicht vollig aussterben zu lassen, gab sich der Vorstand große Mühe um dennoch einen Gemeinschaftsgedanken aufleben zu lassen. So wurde beispielsweise die Walburgiskirche in Leubsdorf über die Kirmestage und -nächte in den Farben des Vereins angestrahlt. Passend zum eigentlichen Kirmesprogramm wurden alle Kanäle der Sozialen Medien genutzt, um zu Vermitteln:
Es ist doch Kirmes, nur nicht, wie wir es kennen.
Es wurden z.B. Fotos und Videos der Fähnriche aufgenommen und mit der entsprechenden Musik unterlegt, damit man die Bevölkerung zu dem Zeitpunkt damit versorgen konnte, an denen das Fähndelschwenken normalerweise stattgefunden hätte.
Auch 2021 war die Situation nicht viel besser geworden. Es gab im Vorfeld zur Kirmes große Hoffnungen darauf, dass alles wieder werden könnte "wie immer". Allerdings wurden die Auflagen der Bundesregierung nicht rechtzeitig gelockert und so war man ein weiteres Mal gezwungen die Kirmes (nur zwei Wochen vorher) abzusagen.